Strategischer Investor: Wenn Unternehmenszukäufe der Umsetzung langfristiger Ziele dienen
Im Kontext von Unternehmenstransaktionen lassen sich verschiedene Arten von Investoren unterscheiden, die sich in ihren Motiven, Zielen und Herangehensweisen teils deutlich voneinander abgrenzen. Eine wichtige Kategorie sind dabei die sogenannten strategischen Investoren. Im Gegensatz zu rein finanziell getriebenen Investoren verfolgen sie mit einem Unternehmenskauf nicht primär monetäre Ziele, sondern sehen die Akquisition als Mittel zur Umsetzung ihrer langfristigen Geschäftsstrategie.
Merkmale und Motive strategischer Investoren
Strategische Investoren sind in der Regel Unternehmen, die selbst operativ tätig sind, oft in der gleichen oder einer eng verwandten Branche wie das Zielunternehmen. Sie betrachten den Unternehmenskauf als Investition in ihr Kerngeschäft und versprechen sich davon eine Stärkung ihrer Marktposition, die Erschließung neuer Wachstumspotenziale oder die Realisierung von Synergien.
Zu den typischen Motiven strategischer Investoren gehören:
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Expansion in neue Märkte: Durch die Übernahme eines Unternehmens mit etablierter Marktpräsenz kann der Investor sein geografisches Tätigkeitsfeld erweitern oder neue Kundensegmente erschließen.
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Erweiterung des Produkt- und Leistungsportfolios: Der Zukauf innovativer Produkte, Technologien oder Kompetenzen ermöglicht es dem Investor, sein eigenes Angebot zu ergänzen und Markttrends zu nutzen.
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Realisierung von Synergien: Durch die Zusammenführung von Geschäftsaktivitäten lassen sich oft Kostenvorteile, etwa in Produktion oder Verwaltung, oder Umsatzsynergien, z.B. durch Cross-Selling, erzielen.
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Stärkung der Wettbewerbsposition: Die Übernahme eines direkten Konkurrenten kann die Marktmacht erhöhen, den Preisdruck verringern und Skaleneffekte ermöglichen.
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Sicherung von Ressourcen und Know-how: Durch die Akquisition sichert sich der Investor den Zugriff auf knappe Ressourcen, seien es Rohstoffe, Produktionskapazitäten oder Fachkräfte.
Im Kern geht es strategischen Investoren also darum, ihr bestehendes Geschäft zu stärken und weiterzuentwickeln. Der Unternehmenskauf ist kein Selbstzweck, sondern ordnet sich in einen größeren strategischen Kontext ein.
Abgrenzung zu anderen Investorentypen
Strategische Investoren unterscheiden sich in mehreren Punkten von anderen Arten von Unternehmenskäufern:
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Finanzinvestoren: Finanzinvestoren, wie Private Equity Fonds oder Family Offices, betrachten Unternehmen primär als Renditeobjekte. Sie wollen durch aktive Weiterentwicklung und spätere Veräußerung der Beteiligung einen möglichst hohen finanziellen Ertrag erzielen. Branchensynergien oder langfristige strategische Erwägungen spielen für sie meist eine untergeordnete Rolle.
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Private Investoren: Hierzu zählen Privatpersonen, die ein Unternehmen kaufen, um sich selbstständig zu machen, sei es im Rahmen eines Management-Buy-In oder als Entrepreneur. Ihre Motive sind oft stark von persönlichen Präferenzen und Fähigkeiten geprägt. Der strategische Fit ist für sie weniger entscheidend als die Möglichkeit, ein Unternehmen nach eigenen Vorstellungen zu führen.
Natürlich sind die Grenzen zwischen den Investorentypen in der Praxis oft fließend. Auch Finanzinvestoren verfolgen bisweilen strategische Ziele, etwa wenn sie mehrere Unternehmen einer Branche zu einer schlagkräftigen Plattform zusammenführen. Und auch bei privaten Unternehmenskäufen spielen strategische Überlegungen eine Rolle, wenn auch meist bezogen auf die Person des Investors.
Dennoch bleibt der strategische Investor prototypisch für Transaktionen, bei denen die langfristige Unternehmensentwicklung und nicht der kurzfristige finanzielle Ertrag im Vordergrund steht. Gerade bei größeren Transaktionen und in konsolidierten Branchen sind strategische Investoren oft tonangebend.
Chancen und Herausforderungen für Verkäufer
Für die Verkäufer eines Unternehmens können strategische Investoren attraktive Partner sein, bergen aber auch spezifische Herausforderungen:
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Hohe Bewertungen: Strategische Käufer sind oft bereit, höhere Kaufpreise zu zahlen als rein finanzielle Investoren, da sie Synergien einpreisen und einen langfristigen Planungshorizont haben. Für die Verkäufer eröffnet dies die Chance auf eine optimale Verwertung.
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Langfristige Perspektive: Strategische Investoren denken meist in längeren Zeiträumen als Finanzinvestoren. Dies kann für Verkäufer vorteilhaft sein, die Wert auf Kontinuität und eine nachhaltige Fortführung ihres Lebenswerks legen.
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Branchenverständnis: Als „Insider" bringen strategische Käufer ein tiefes Verständnis für das Geschäftsmodell und die Marktgegebenheiten mit. Due Diligence Prozesse und Vertragsverhandlungen können dadurch erleichtert werden.
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Integrationsfähigkeit: Strategische Investoren verfügen oft über Erfahrung und Ressourcen, um das erworbene Unternehmen effektiv in ihre bestehenden Strukturen zu integrieren. Für Mitarbeiter und Geschäftspartner kann dies Stabilität und neue Perspektiven bedeuten.
Diesen Chancen stehen aber auch Risiken und Herausforderungen gegenüber:
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Komplexität der Transaktion: Strategische Übernahmen sind oft komplex, da sie eine Vielzahl von geschäftlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten berühren. Für die Verkäufer kann dies den Prozess in die Länge ziehen und vertragliche Komplexität erhöhen.
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Informationsbedarf: Strategische Käufer benötigen für ihre Bewertung und Planung oft sehr detaillierte Informationen über das Zielunternehmen, bis hin zu wettbewerbskritischem Know-how. Dies erfordert ein sorgfältiges Abwägen von Transparenz und Vertraulichkeit durch die Verkäufer.
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Eingeschränkte Verhandlungsmacht: Gerade in konsolidierten Branchen haben die Verkäufer oft nur eine begrenzte Auswahl an potenziellen strategischen Käufern. Dies kann die Verhandlungsposition schwächen, insbesondere wenn der strategische Wert des Unternehmens offenkundig ist.
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Unsicherheit für Stakeholder: Für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten des verkauften Unternehmens kann ein strategischer Investor Unsicherheit bedeuten, da Veränderungen in Strategie, Führung und operativem Geschäft wahrscheinlich sind.
Angesichts dieser Chancen und Herausforderungen ist es für die Verkäufer entscheidend, strategische Investoren frühzeitig zu identifizieren, deren Ziele und Herangehensweise genau zu verstehen und den Verkaufsprozess entsprechend zu gestalten. Eine professionelle Begleitung durch erfahrene M&A-Berater kann dabei helfen, die Interessen der Verkäufer optimal zu wahren und die Risiken zu managen.
Insgesamt bleibt festzuhalten: Strategische Investoren sind eine wichtige Triebkraft im Transaktionsmarkt. Für sie sind Unternehmenskäufe integraler Bestandteil ihrer langfristigen Wachstums- und Wettbewerbsstrategie. Verkäufer, die die Motive und Vorgehensweisen strategischer Käufer verstehen und konstruktiv damit umgehen, können attraktive Exits realisieren und ihr Unternehmen in gute Hände geben. Dabei ist stets eine individuelle Betrachtung gefragt – denn jeder strategische Investor tickt anders.
Weiterführende Informationen zu den verschiedenen Arten von Unternehmenskäufern finden sich im Artikel "Die 3 Arten von Investoren".