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Non-Binding-Offer

Non-Binding-Offer (NBO): Indikatives Kaufangebot als erster Schritt im M&A-Prozess

Das Non-Binding Offer (NBO), auch bekannt als indikatives Angebot oder unverbindliches Kaufangebot, ist ein wichtiger Meilenstein in der frühen Phase eines M&A-Prozesses. Es dient dazu, das grundsätzliche Interesse und die Preisvorstellungen potenzieller Käufer zu sondieren, ohne dass sich diese bereits verbindlich festlegen müssen. Für den Verkäufer ist das NBO eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Auswahl der aussichtsreichsten Bieter für die weiteren Verhandlungen.

Inhalt und Funktion des Non-Binding Offer

Ein NBO ist typischerweise das Ergebnis einer ersten Sondierung des Zielunternehmens durch den potenziellen Käufer, meist auf Basis eines Informationsmemorandums (IM) oder einer Unternehmenspräsentation (Management Presentation). Es enthält die wesentlichen Eckpunkte eines möglichen Kaufangebots, insbesondere:

  • Indikative Bewertung bzw. Kaufpreisrange für das Zielunternehmen
  • Vorstellungen zur Transaktionsstruktur (z.B. Share Deal vs. Asset Deal)
  • Annahmen und Bedingungen für den Erwerb (z.B. exklusive Verhandlung, Finanzierungsvorbehalt)
  • Geplanter Zeitrahmen für die Due Diligence und die Vertragsverhandlungen
  • Angedachte Garantien und Gewährleistungen des Verkäufers

Das NBO ist bewusst noch unverbindlich und oft wenig detailliert. Es soll dem Verkäufer einen ersten Eindruck davon vermitteln, ob die Preisvorstellungen und Transaktionsparameter des Bieters grundsätzlich mit seinen eigenen Erwartungen in Einklang zu bringen sind. Gleichzeitig dient es dem Bieter als Signal seines ernsthaften Kaufinteresses und als Ausgangspunkt für die weiteren Verhandlungen.

Einordnung des NBO im M&A-Prozess

Das Non-Binding Offer steht typischerweise am Ende der ersten Phase eines strukturierten Bieterverfahrens zum Verkauf eines Unternehmens. Nachdem der Verkäufer einen Kreis potenzieller Käufer identifiziert und angesprochen hat, werden diese aufgefordert, auf Basis der zur Verfügung gestellten Basisinformationen ein indikatives Angebot abzugeben.

Oft gibt der Verkäufer dabei einen standardisierten Rahmen für die Angebote vor, etwa in Form einer Angebotsaufforderung (Request for Proposal) oder einer Prozessbeschreibung (Process Letter). Dadurch soll sichergestellt werden, dass die NBOs der verschiedenen Bieter vergleichbar sind und die für den Verkäufer wichtigsten Punkte adressieren.

Nach Auswertung der eingegangenen NBOs wählt der Verkäufer typischerweise eine Shortlist von Bietern aus, die in die nächste Prozessphase eingeladen werden. Diese erhalten Zugang zu einem Datenraum mit detaillierten Informationen über das Zielunternehmen und können eine vertiefte Due-Diligence-Prüfung durchführen. Auf dieser Basis wird dann oft ein finales, verbindliches Angebot (Binding Offer) abgegeben.

Das NBO markiert somit den Übergang von der Vorbereitung und Marktsondierung hin zu konkreteren Transaktionsverhandlungen mit ausgewählten Interessenten. Es ist ein wichtiger Filter, um aussichtsreiche Bieter zu identifizieren und den weiteren Prozess zu strukturieren.

Herausforderungen und Erfolgsfaktoren

Trotz oder gerade wegen seines indikativen Charakters ist das NBO oft ein kritischer Punkt im M&A-Prozess. Für Käufer und Verkäufer ergeben sich spezifische Herausforderungen:

  • Informationsasymmetrie: Zum Zeitpunkt des NBO hat der Bieter oft nur begrenzte Informationen über das Zielunternehmen. Er muss seine Bewertung und sein Angebot auf Basis unvollständiger Daten abgeben, was Unsicherheiten birgt.

  • Strategisches Bieten: Manche Bieter geben bewusst sehr hohe NBOs ab, um in die nächste Runde zu kommen, ohne die Bewertung fundiert zu haben. Andere halten sich zunächst zurück, um Verhandlungsspielraum zu haben. Für den Verkäufer ist es eine Herausforderung, die Seriosität der Angebote richtig einzuschätzen.

  • Zeitdruck und Ressourceneinsatz: Die Erstellung eines NBO erfordert vom Bieter oft erhebliche Ressourcen, insbesondere wenn mehrere Angebote parallel einzureichen sind. Gleichzeitig besteht meist hoher Zeitdruck, da die Fristen vom Verkäufer vorgegeben werden.

  • Vertraulichkeit und Wettbewerb: Gerade bei Auktionsprozessen mit mehreren Bietern ist die Vertraulichkeit der NBOs wichtig. Bieter wollen meist nicht, dass ihre Mitbewerber Einblick in ihre Angebote und Überlegungen erhalten.

Um diese Herausforderungen zu meistern und die Chancen für ein erfolgreiches NBO zu erhöhen, haben sich in der M&A-Praxis einige Erfolgsfaktoren herauskristallisiert:

  • Sorgfältige Vorbereitung: Bieter sollten sich intensiv mit den verfügbaren Informationen auseinandersetzen und ihre Bewertungsüberlegungen so weit wie möglich fundieren, bevor sie ein Angebot abgeben. Dazu gehört auch die frühzeitige Einbindung von Experten (z.B. für Finanzen, Recht, Steuern).

  • Klare Positionierung: Ein NBO sollte dem Verkäufer ein klares Signal geben, warum gerade dieser Bieter ein attraktiver Kaufkandidat ist. Neben dem Preis geht es auch um strategische Überlegungen, Finanzierungsfähigkeit und Transaktionssicherheit.

  • Fokussierung und Priorisierung: Bei parallelen Prozessen müssen Bieter ihre Ressourcen klug einsetzen. Eine sorgfältige Auswahl und Priorisierung der Targets erhöht die Schlagkraft im Bieterwettbewerb.

  • Proaktive Prozessgestaltung: Verkäufer sollten den NBO-Prozess klar strukturieren und die Spielregeln frühzeitig kommunizieren. Standardisierte Angebotsformate und ein strikter Zeitplan sorgen für Vergleichbarkeit und Prozessdisziplin.

  • Professionelle Kommunikation: Eine klare, wertschätzende Kommunikation mit den Bietern ist essenziell. Dabei geht es um Vertraulichkeit ebenso wie um Transparenz bezüglich der Auswahlkriterien und der nächsten Schritte im Prozess.

Letztlich ist das NBO ein wichtiges Instrument, um in einem strukturierten M&A-Prozess schrittweise vom Groben ins Detail zu gehen und die Spreu vom Weizen zu trennen. Für Käufer ist es die Chance, sich im Wettbewerb zu positionieren und in die engere Auswahl zu kommen. Verkäufer erhalten wertvolle Indikationen für die Bewertung ihres Unternehmens und die Attraktivität potenzieller Partner.

Bei aller Vorläufigkeit und Unverbindlichkeit legt das NBO doch oft schon den Grundstein für den späteren Transaktionserfolg. Seine sorgfältige Vorbereitung und professionelle Durchführung zahlen sich für alle Beteiligten aus.

Weitere Details zum gesamten Ablauf eines Unternehmensverkaufs finden sich im Artikel "Unternehmensverkauf Schritt für Schritt".