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Discounted Cash Flow (DCF)

Discounted Cash Flow (DCF): Unternehmensbewertung auf Basis zukünftiger Zahlungsströme

Das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF) ist eine der am weitesten verbreiteten und anerkannten Methoden zur Bewertung von Unternehmen. Es basiert auf der Annahme, dass der Wert eines Unternehmens durch seine zukünftigen finanziellen Überschüsse bestimmt wird. Diese erwarteten Cash-Flows werden auf den heutigen Tag abgezinst (diskontiert), um den aktuellen Unternehmenswert zu ermitteln.

Grundprinzip und Anwendungsbereich des DCF-Verfahrens

Die Kernidee des DCF-Ansatzes ist es, den fairen Wert eines Unternehmens aus Sicht eines potenziellen Investors zu bestimmen. Dieser sogenannte "innere Wert" oder "intrinsische Wert" leitet sich aus den erwarteten zukünftigen Zahlungsüberschüssen ab, die das Unternehmen erwirtschaften wird.

Die Logik dahinter: Ein Investor ist bereit, heute einen bestimmten Preis für ein Unternehmen zu zahlen, wenn er erwartet, dass die zukünftigen Cash-Flows, diskontiert auf die Gegenwart, mindestens diesem Preis entsprechen. Der faire Unternehmenswert ist also der Barwert aller zukünftig erwarteten Zahlungsüberschüsse.

Das DCF-Verfahren eignet sich grundsätzlich für die Bewertung aller Unternehmen, unabhängig von Branche, Größe oder Rechtsform. Besonders geeignet ist es für Unternehmen mit stabilen und vorhersehbaren Cash-Flows sowie für solche, die sich in einem kontinuierlichen Wachstum befinden.

Weniger gut geeignet ist das DCF-Verfahren hingegen für sehr junge Unternehmen oder solche in Umbruchsituationen, bei denen die zukünftigen Cash-Flows nur schwer prognostizierbar sind. Auch für Unternehmen mit hohem Anteil an nicht betriebsnotwendigem Vermögen oder mit stark schwankenden Ergebnissen stößt das Verfahren an seine Grenzen.

Berechnungsschritte des DCF-Verfahrens

Die Berechnung des Unternehmenswerts nach dem DCF-Verfahren erfolgt in mehreren Schritten:

  1. Ermittlung der zukünftigen Free Cash-Flows: Ausgangspunkt sind die prognostizierten Zahlungsüberschüsse, die das Unternehmen in den kommenden Jahren erwirtschaften wird. Diese sogenannten Free Cash-Flows ergeben sich vereinfacht aus dem operativen Ergebnis abzüglich Steuern, Investitionen und Veränderungen des Working Capital. Die Prognose erfolgt meist über einen detaillierten Planungszeitraum von 3-5 Jahren, gefolgt von einer Fortschreibung mit einer konstanten Wachstumsrate (Terminal Value).

  2. Bestimmung des Diskontierungszinssatzes: Um die zukünftigen Cash-Flows auf den heutigen Tag abzuzinsen, wird ein geeigneter Diskontierungszinssatz benötigt. Dieser spiegelt das Risiko und die Renditeforderung eines potenziellen Investors wider. In der Praxis wird meist der sogenannte WACC (Weighted Average Cost of Capital) verwendet, der die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens darstellt. Der WACC setzt sich zusammen aus den Kosten für Eigenkapital und Fremdkapital, gewichtet mit deren jeweiligen Anteilen an der Gesamtfinanzierung.

  3. Diskontierung der Cash-Flows: Die prognostizierten Free Cash-Flows werden nun mit Hilfe des Diskontierungszinssatzes auf den heutigen Tag abgezinst. Dabei werden die Cash-Flows jeder Periode einzeln diskontiert und anschließend summiert. Hinzu kommt noch der sogenannte Terminal Value, also der Barwert aller Cash-Flows nach Ende des Detailplanungszeitraums, unter Annahme eines konstanten Wachstums.

  4. Ermittlung des Unternehmenswertes: Die Summe aller diskontierten Cash-Flows ergibt den Unternehmenswert (Enterprise Value). Um zum Eigenkapitalwert (Equity Value) zu gelangen, müssen noch die Netto-Finanzschulden abgezogen und etwaige nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte (z.B. Beteiligungen, Immobilien) hinzuaddiert werden.

Die konkrete Berechnung des Unternehmenswertes nach der DCF-Methode kann je nach Annahmen und Modellvarianten (WACC-Ansatz, APV-Ansatz, Equity-Ansatz) im Detail variieren. Entscheidend ist jedoch immer die Herleitung und Plausibilisierung der zugrunde gelegten Cash-Flow-Prognosen und Kapitalkosten.

Herausforderungen und Grenzen des DCF-Verfahrens

Trotz seiner weiten Verbreitung und theoretischen Fundierung ist das DCF-Verfahren nicht frei von Herausforderungen und Grenzen:

  • Unsicherheit der Prognosen: Die größte Herausforderung liegt in der Schätzung der zukünftigen Free Cash-Flows. Jede Prognose ist naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet, insbesondere je weiter sie in die Zukunft reicht. Kleine Änderungen in den Annahmen zur Umsatz- und Margenentwicklung oder zum Investitionsbedarf können große Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben.

  • Sensitivität der Kapitalkosten: Auch die Bestimmung des "richtigen" Diskontierungszinssatzes birgt Herausforderungen. Der WACC hängt von einer Vielzahl von Inputfaktoren ab (risikoloser Zins, Marktrisikoprämie, Beta-Faktor, Steuersatz etc.), die allesamt geschätzt werden müssen. Schon geringe Veränderungen des WACC können zu erheblichen Schwankungen des Unternehmenswertes führen.

  • Vernachlässigung nicht-finanzieller Werttreiber: Das DCF-Verfahren fokussiert stark auf finanzielle Überschüsse. Nicht-monetäre Werttreiber wie Marktposition, Innovationskraft, Mitarbeiterpotenzial oder Nachhaltigkeit werden bestenfalls indirekt über ihre Auswirkungen auf die Cash-Flows erfasst. Gerade bei jungen, schnell wachsenden Unternehmen kann dies zu einer Unterbewertung führen.

  • Statische Betrachtung: Die DCF-Methode unterstellt, dass die geplante Unternehmensstrategie unverändert umgesetzt wird. Mögliche Handlungsflexibilitäten und Optionen des Managements (z.B. Expansion, Desinvestition, Abbruch) werden nicht explizit berücksichtigt. Hier setzen optionsbasierte Bewertungsverfahren an.

  • Punkt-Betrachtung: Das Ergebnis einer DCF-Berechnung ist immer eine punktgenaue Zahl, die suggeriert, den "wahren" Unternehmenswert exakt bestimmen zu können. Tatsächlich basiert der ermittelte Wert aber auf einer Vielzahl von Annahmen und sollte eher als Indikation innerhalb einer Bandbreite verstanden werden.

Trotz dieser Limitationen ist und bleibt das DCF-Verfahren der "Gold-Standard" der Unternehmensbewertung, insbesondere im Kontext von M&A-Transaktionen und Börsengängen. Kein anderes Verfahren bildet den Zusammenhang zwischen Rentabilität, Wachstum und Kapitalkosten so transparent und nachvollziehbar ab.

Entscheidend für eine belastbare DCF-Bewertung sind dabei vor allem drei Dinge: eine sorgfältige und plausible Planungsrechnung, die externe Validierung der wesentlichen Werttreiber und Annahmen sowie die Aufstellung von Sensitivitäten und Szenarioanalysen. Nur so lässt sich ein realistischer Unternehmenswert ableiten, der für Verkäufer, Käufer und Investoren gleichermaßen akzeptabel ist.