Asset Deal: Übernahme von Vermögenswerten statt Gesellschaftsanteilen
Beim Unternehmenskauf stehen zwei grundsätzliche Transaktionsformen zur Wahl: der Share Deal und der Asset Deal. Während beim Share Deal die Anteile an der Zielgesellschaft erworben werden, geht es beim Asset Deal um den gezielten Kauf einzelner Vermögensgegenstände und Rechtspositionen des Unternehmens. Der Asset Deal bietet damit sowohl für Käufer als auch für Verkäufer spezifische Chancen und Herausforderungen.
Merkmale und Struktur des Asset Deals
Das Charakteristikum eines Asset Deals ist, dass nicht das Unternehmen als solches, sondern ausgewählte Teile davon übertragen werden. Der Käufer erwirbt also bestimmte Vermögenswerte ("Assets") und übernimmt damit verbundene Verträge und Rechtsverhältnisse. Dabei kann es sich um materielle Wirtschaftsgüter wie Grundstücke, Gebäude, Maschinen oder Vorräte handeln, aber auch um immaterielle Vermögenswerte wie Patente, Lizenzen, Marken oder Kundenbeziehungen.
Ein wesentlicher Unterschied zum Share Deal besteht darin, dass der Käufer beim Asset Deal nicht automatisch in alle Rechte und Pflichten des Zielunternehmens eintritt. Vielmehr kann er gezielt entscheiden, welche Vermögensgegenstände und Verträge er übernehmen möchte und welche nicht. Nicht übertragene Vermögenswerte und Verbindlichkeiten verbleiben beim Verkäufer.
Rechtlich gesehen ist der Asset Deal keine einheitliche Transaktion, sondern eine Vielzahl von Einzelübertragungen. Für jede Kategorie von Vermögensgegenständen gelten dabei spezifische Formerfordernisse und Übertragungsmechanismen. So erfordert etwa die Übereignung von Grundstücken eine notarielle Beurkundung, während bei beweglichen Sachen oftmals die bloße Einigung und Übergabe genügt.
Vor- und Nachteile des Asset Deals
Der Asset Deal bietet eine Reihe von Vorteilen, insbesondere für den Käufer:
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Flexibilität und Selektivität: Der Käufer kann gezielt die Vermögenswerte erwerben, die er für die Fortführung des Geschäftsbetriebs benötigt. Überflüssige oder riskante Vermögensgegenstände und Verträge können ausgeklammert werden.
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Haftungsbegrenzung: Im Gegensatz zum Share Deal haftet der Käufer beim Asset Deal grundsätzlich nicht für die Altverbindlichkeiten des Unternehmens. Das Risiko von "Leichen im Keller" wird damit reduziert.
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Steuerliche Abschreibung: Die erworbenen Vermögensgegenstände können beim Käufer neu aktiviert und abgeschrieben werden. Dies führt zu einer höheren Steuerbemessungsgrundlage.
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Vermeidung von Genehmigungserfordernissen: Anders als beim Share Deal ist beim Asset Deal in der Regel keine Zustimmung der Gesellschafter erforderlich. Auch kartellrechtliche oder sektorspezifische Genehmigungspflichten greifen oftmals nicht.
Dem stehen jedoch auch einige Nachteile und Herausforderungen gegenüber:
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Höherer Transaktionsaufwand: Durch die Vielzahl von Einzelübertragungen ist der Asset Deal oft zeitaufwändiger und kostenintensiver als ein Share Deal. Jeder Vermögensgegenstand muss einzeln identifiziert, bewertet und übertragen werden.
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Zustimmungserfordernisse Dritter: Für die Übertragung bestimmter Verträge und Rechtspositionen (z.B. Miet- oder Lizenzverträge) ist oft die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner erforderlich. Dies kann den Transaktionsprozess verzögern oder blockieren.
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Doppelte Besteuerung: Die Veräußerungsgewinne aus dem Asset Deal unterliegen sowohl auf Ebene der Gesellschaft (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) als auch auf Ebene der Gesellschafter (Einkommensteuer) der Besteuerung. Ein Share Deal kann hier steuerlich günstiger sein.
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Verbleibende Vermögenswerte: Nicht übertragene Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten verbleiben beim Verkäufer. Dieser muss sich um deren weitere Verwertung oder Abwicklung kümmern, was aufwändig und kostspielig sein kann.
Ob ein Asset Deal oder ein Share Deal die vorzugswürdige Transaktionsform ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Entscheidend sind insbesondere die Interessen und Ziele der Beteiligten, die Struktur und Verfassung des Zielunternehmens, steuerliche Aspekte sowie die mit der Transaktion verbundenen Chancen und Risiken.
Prozess und Gestaltung des Asset Deals
Die konkrete Durchführung eines Asset Deals erfolgt üblicherweise in mehreren Schritten:
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Identifikation und Due Diligence: Zunächst werden die zu übertragenden Vermögensgegenstände und Rechtspositionen identifiziert und einer sorgfältigen Prüfung (Due Diligence) unterzogen. Dabei geht es um die rechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Analyse der Zielwerte.
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Kaufvertrag und Übertragungsakte: Die Übereignung der Vermögenswerte erfolgt durch einen oder mehrere Kaufverträge sowie ergänzende Übertragungsvereinbarungen. Hier werden die genauen Konditionen der Transaktion (Kaufpreis, Gewährleistungen, Bedingungen etc.) geregelt.
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Einzelübertragungen: Nach Unterzeichnung der Vertragsdokumente erfolgen die Einzelübertragungen der Vermögensgegenstände und Verträge. Je nach Art des Vermögenswerts sind dabei unterschiedliche Formerfordernisse und Übertragungsakte (z.B. Grundbucheintragung, Übergabe, Abtretung) zu beachten.
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Kaufpreiszahlung und Vollzug: Mit Erfüllung aller Übertragungsakte und Zahlung des Kaufpreises ist der Asset Deal vollzogen. Der Käufer ist nun Eigentümer der erworbenen Vermögenswerte und kann das übernommene Geschäft fortführen.
Bei der Gestaltung des Asset Deals ist eine Reihe von rechtlichen und steuerlichen Aspekten zu beachten. Dazu gehören insbesondere:
- Die korrekte Abgrenzung und Bewertung der zu übertragenden Vermögensgegenstände und Rechtspositionen
- Die Behandlung von Verträgen und Genehmigungen, die nicht übertragen werden können oder sollen
- Die Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Vermögensgegenstände und die steuerliche Optimierung der Transaktion
- Die Gestaltung von Gewährleistungen und Garantien des Verkäufers sowie von Haftungsausschlüssen und -begrenzungen
- Die Sicherstellung der Kontinuität des Geschäftsbetriebs, insbesondere im Hinblick auf Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten
Angesichts dieser Komplexität ist beim Asset Deal eine frühzeitige Einbindung erfahrener Transaktionsberater - Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, M&A-Anwälte - unerlässlich. Sie können dabei helfen, die Chancen und Risiken der Transaktion zu bewerten, die Vertragsgestaltung zu optimieren und einen reibungslosen Übergang des Geschäftsbetriebs sicherzustellen.
Fazit: Der Asset Deal ist eine flexible und gezielte Form der Unternehmensübernahme, die insbesondere für Käufer attraktiv sein kann. Durch die selektive Übertragung von Vermögenswerten und Verträgen lassen sich Haftungsrisiken begrenzen und steuerliche Vorteile nutzen. Dem stehen jedoch ein erhöhter Transaktionsaufwand und spezifische rechtliche Herausforderungen gegenüber. Eine sorgfältige Abwägung von Chancen und Risiken sowie eine professionelle Gestaltung und Begleitung der Transaktion sind daher unverzichtbar.